Das Jahr 2019 war wieder so eines, von dem ich zu Beginn dachte, es würde ganz anders – besser – werden als das Jahr zuvor. Und wieder stellte sich heraus, dass es zwar anders war, aber nicht besser – was auch immer „gut“ oder „besser“ bedeutet. In jedem Fall brachte es neue Herausforderungen. Mein EDS und mein Beruf halten mich stets mitten im Gesundheitswesen; das eine kann ich nicht ändern und das andere möchte ich so. Dieses Jahr allerdings machte mir bewusst, dass es immer noch ein Stück näher geht. Zweimal führte mich meine Gesundheit in eine Notaufnahme. Viermal lag ich stationär im Krankenhaus, viermal musste ich im Herzzentrum meiner Uniklinik operiert werden, davon einmal notfallmäßig. Komplikationen – auch schwere – machten dies notwendig. Tagelanges Monitoring der Herztätigkeit war erforderlich, Infusionen mit starken Opiaten hielten mich zwischen halb wach und Schlaf, während ich am Sauerstoff hing. Krankenwagen mit Blaulicht kenne ich schon aus den Jahren zuvor, aber lange hatte ich keinen gebraucht. Dieses Jahr hingegen schon.
Ich erfuhr Aufmerksamkeit, Fürsorge und man versuchte, mein EDS und dessen besondere Begleiter in das eigene medizinische Wissen zu integrieren – zum größten Teil. Wie immer gab es Ausnahmen, die immer dann aufblitzen, wenn Unwissenheit nicht eingestanden wird. Sich als Patientin mit einer solchen Erkrankung überhaupt erklären zu müssen, notwendige Untersuchungen mit hartnäckigen Diskussionen erkämpfen zu müssen – und sich dann Befunde ergeben, die ein Handeln erfordern – auch dies habe ich wieder erlebt.
In den vergangenen vier Jahren lese und höre ich die Geschichten vieler Lebenswege von EDS-Betroffenen, die sich immer wieder ähneln:
- lange Diagnosewege von oft mehreren Jahren mit Fehldiagnosen und Irrwegen
- lange Reisewege von oft mehreren Hundert Kilometern zu einzelnen Ärzten
- hohe Kosten für Fahrtwege oder Untersuchungen, Medikation, Therapien, die nicht der gesetzlichen Leistung unterliegen
- unzureichende Aus- und Fortbildungsmöglichkeiten bzgl. EDS für Ärzte & Co.
- unzureichende Vernetzungsmöglichkeiten für Ärzte & Co.
- fehlender Zugang zu bestimmten Therapieoptionen, die für ähnliche Erkrankungen aber gesetzliche Leistung sind
- kaum Betreuung der 13 EDS-Formen in den Zentren für Seltene Erkrankungen an den Hochschul- und Universitätskliniken
- durch fehlendes Wissen über EDS häufige Unter- oder Fehleinschätzung einzelner Symptomkomplexe und des Gesundheitszustandes insgesamt
- mangelnde fachübergreifende medizinische Betrachtung
- fehlende gesetzliche Vorgaben bzgl. EDS zu Graden der Behinderung, Pflegegraden, Erwerbsminderung und daraus resultierende langjährige zermürbende Rechtsstreitigkeiten
- etc.
So entstand der Gedanke in mir, an die Öffentlichkeit zu gehen, eine politische Debatte anzustoßen und auf die Situation der EDS-Betroffenen aufmerksam zu machen. Der Bedarf nach besseren Voraussetzungen und Informationsmöglichkeiten ist aber nicht nur bei den Betroffenen und ihren Angehörigen vorhanden, sondern auch bei Ärzten, Pflege- und Assistenzpersonal, Therapeuten.
Daher habe ich am 29.10.2019 eine Petition gestartet, die sich an den Deutschen Bundestag richtet und eine bessere medizinische Versorgung für Menschen mit Ehlers-Danlos-Syndrom in Deutschland fordert.
Seither haben verschiedene Tageszeitungen berichtet (Rüsselsheimer Echo am 08.11.2019, die Tageszeitungen im Kreis Pinneberg am 15.11.2019 und in Kürze auch das Hamburger Abendblatt). Um zu helfen, EDS bekannter zu machen, wird das öffentlich-rechtliche Fernsehen im Januar 2020 eine TV-Sendung mit mir aufzeichnen und im Jahresverlauf ausstrahlen. Mehrere Unterschriften-Aktionen mit Sammelbögen wurden und werden durchgeführt und auch in den sozialen Medien wird auf die Petition durch Organisationen, Vereine und Unternehmen aufmerksam gemacht. Personen aus Wissenschaft, Forschung und Medizin unterstützen die Petition ebenfalls.
Ein zufälliger Aufhänger für die EDS-Petition war der ARD-Tatort „Querschläger“, der am 01.12.2019 ausgestrahlt wurde. In der Vorberichterstattung der ARD wurden die Ehlers-Danlos-Syndrome zum Anlass genommen, diese im Tatort zu thematisieren. Im Film ging es konkret um ein Mädchen mit einer Instabilität der Halswirbelsäule – einer sehr typischen Auswirkung von EDS.
Hinzu kommen natürlich die vielen Privatpersonen, die mit Unterschriftenlisten bei Familie, Freunden, Arbeitskollegen oder Vereinskameraden um Unterstützung werben und auch den Link zur Online-Petition immer wieder weitergeben und um Verbreitung bitten.
Helft bitte alle mit, damit unser Anliegen Gehör findet. Teilt den Link zu diesem Blogbeitrag auf Facebook, Instagram & Co. Lest die Petition und unterschreibt sie.
Bis zum 28.04.2020 können Unterschriften gesammelt werden. Wer mitzeichnen möchte, kann dies im unten genannten Link erledigen. Es gibt auch die Möglichkeit, Abrisszettel oder Unterschriftenlisten auszudrucken und auf Papier zu sammeln. Die Listen enthalten meine Kontaktdaten, wohin ihr Listen mit gesammelten Unterschriften schicken könnt!
Ich wünsche euch eine besinnliche und fröhliche Weihnachtszeit! Bleibt gesund!
Wir lesen uns …